Spanische Vokale

Die spanischen Vokale

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Kaum jemand denkt beim Spanisch lernen an Vokale. Dabei ist fremdsprachlicher Akzent selbst bei Sprechern, die fließend Spanisch sprechen, oft an der Klangfarbe von Vokalen auszumachen.

Wenn du flüssig Spanisch sprichst, ist auch der Artikel über die spanische Aussprache etwas für dich. Die nachfolgenden Grund­lagen werden dort aber nur am Rande behandelt.

Definition

Vokale sind Selbstlaute. Der Stimmton fließt dabei ohne hörbare Reibung oder Verschluss durch den Mund, wo der Zungenrücken den Resonanzraum zum Gaumen und Rachen hin begrenzt.

Resonanzen entstehen. Deren Klangfarben erkennen wir als Vokale: a, e, i, o und u.

Das Gegenteil von einem Vokal ist ein Kon­sonant (Mitlaut, z. B. b, c  oder d ). Ober­be­griffe sind Buchstabe a, Graphem (Spanisch: Schrift­zei­chen, Deutsch: bedeu­tungs­unter­scheidende schriftliche Einheit) ⟨a⟩, Phonem (bedeu­tungs­unter­scheidende phonetische Einheit) /a/ und Phon (Laut, Artikulation) [a] bzw. Allophon (Artikulations­variante eines bestimmten Phonems) [a].

Zahl und Geschlecht

Vokale sind – wie alle spanischen Buchstaben – feminin. Ebenso der Begriff Vokal (la vocal) selbst:

  • las vocales
    • la a, las aes/á.es/
    • la e, las es, vereinzelt auch las ees/és/
    • la i, las íes/í.es/
    • la o, las oes/ó.es/
    • la u, las úes/ú.es/

Beim Plural von Vokalen wird -es (veraltet -s) angehängt. Da gleiche oder schwache Vokale (i, u) verschmelzen, ist das Plual von e es und i  und u  tragen im Plural Akzent (íes, úes).

Vokal vs. Stimmton

Spreche die Vokale a, e und i  in einem Atemzug aus. Dein Zungenrücken erhebt sich dabei von zentral unten liegend nach vorne zum Gaumen hin, bei a, o und u  dagegen nach hinten und oben.

Verändere die Tonhöhe nicht, sondern wechsle nur die Vokale. Berühre dabei deinen Kehlkopf. Der Kehlkopf vibriert. Vokale sind stimmhaft. Er bleibt aber in der gleichen Position.

Mach die Gegenprobe: Halte einen Vokal stabil und ändere nun die Tonhöhe deiner Stimme. Der Kehlkopf bewegt sich nach oben oder unten. Die Zungenstellung bleibt jedoch gleich.

Wir halten fest: Der Klang eines Vokals geht aus der Position des Zungenrückens hervor, der Klang des Stimmtons aus der Position des Kehlkopfes. Beides geschieht unabhängig voneinander.

Aussprache

Damit kannst du bereits das spanische Vokaldreieck selbst interpretieren:

Vokaldreieckvornezentralhinten
geschlossen /i/ /u/
mittel /e/ /o/
offen /a/

Unsere Stimme ist ein analoges Instrument. Die Zungenstellung begrenzt den Resonanz­raum. Dessen Obertöne prägen die Klangfarbe des Vokals. Wir erkennen und fühlen intuitiv die Position.

Spiele dein Instrument: Wähle eine Kombination aus diesen Vokalen und wechsle zwischen den Vokalen hin und her. Vergleiche die Bewegung des Zungenrückens mit dem Vokaldreieck.

Es geht uns hier um das Grundprinzip, nicht um die exakte Artikulation, die wir erst noch lernen. Wir werden also dein Instrument im weiteren Verlauf auf Spanisch stimmen.

Orthografie

Aussprache und Schrift stimmen oft überein. Sie gehen aber auch unterschiedliche Wege:

  • Die Buchstaben a, e, i, o und u vertreten die gleichnamigen Laute /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/.
  • Englisch klingendes w klingt wie spanisches, mit Vokal verschmolzenes /u/: wifi /uí.fi/ [ u̬í.fi ].
  • y repräsentiert alleinstehend (y), am Wortende (rey) und mittelalterlich (yglesia) den Laut /i/.

Manchmal verstummen Buchstaben oder sie werden erzwungen:

  • Der Buchstabe h wird in der Aussprache ignoriert: alcohol, in der spontanen Rede /al.kól/.
  • In den Digrafen gu (gue, gui) /g/ und qu (que, qui) /k/ erklingt /u/ nicht: queso /ké.so/.
  • Ein Trema (¨) hebt Digraf gu auf und erzwingt /gu/ vor e und i : pingüino /pin.guí.no/.

Wir beziehen uns im weiteren Verlauf statt auf Buchstaben direkt auf Laute.

Lautschrift

Spanisch hat eine eigene Lautschrift: das Alfabeto fonético de la Revista de Filología Española. Das ARFE setzt die spanische Artikulation – die wir hier lernen – voraus: /a/, /e/, /i/, /o/ und /u/.

Verbreiteter ist das Internationale Phonetische Alphabet (IPA), das auf Französisch basiert und gut mit Deutsch und Englisch harmoniert. In diesen Sprachen werden Vokale anders abgestuft:

Vokale im IPA: /a:/ (Aal), /ɛ/ (wäre), /ɐ/ (Lehrer), /ə/ (Bitte), /e:/ (wen), /ɪ/ (bitten). /i:/ (bieten), /ɔ/ (offen), /o:/ (Ofen), /œ/ (Göttingen), /ø:/ (Goethe), /ʊ/ (Mutter), /u:/ (Mut), /ʏ/ (Mütter), /y:/ (Mühle).

Trotz der vielen Klangfarben sind die mittleren spanischen Vokale (ARFE) /e/ und /o/ nicht darin enthalten. Sie liegen zwischen (IPA) /ɛ/ und /e:/ bzw. /ɔ/ und /o:/ versteckt.

Wir kommen also nicht daran vorbei, Spanisch direkt aus sich heraus zu bilden. Dabei verwenden wir das hispanische Alphabet der RFE.

Artikulation

Spanische Silben werden normalerweise gleich lang und eher kurz als lang gesprochen. In südlichen Sprach­räumen spricht man Silben vor allem umgangssprachlich dynamischer aus.

Die Klangfarbe spanischer Vokale wird beibehalten, egal ob kurz, lang, betont oder unbetont gesprochen, mit Akzent (´) oder Trema (¨) versehen oder mit anderen Vokalen verschmolzen.

Es gilt: Zungenstellung = Resonanzraum = Klangfarbe = Vokal = innere Vorstellung (wie z. B. offen, vorne, rein). Abweichungen fallen als Dialekt oder Akzent auf (nasal, verschluckt, nachlässig).

Darüber hinaus

Spanische Vokale sind i. d. R. nicht nasal. Allerdings zeichnet sich der Madrider Dialekt gerade von Frauen der Oberschicht durch nasales a der feinen französischen Art aus: me encanta.

Es gibt im Spanischen keinen Knacklaut (Glottisschlag) als Anlaut vor Vokalen. Der dient im Deutschen dazu, Wörter abzugrenzen. Im Spanischen verschmelzen dagegen Silben und Wörter.

h ist stumm. Wenn du es trotzdem hörst, ist es ent­weder Ausdruck von Euphorie zu Beginn einer Rede, geschwächtes /x/ (ach-Laut) oder /s/, caló (Dialekt der gitanos) oder fremdsprachlich.

Offener Zentralvokal: a

offen

Ein Vokal gilt in der Aussprache als offen, sobald die Stimme un­beein­trächtigt fließen kann. Der Mund ist offen, zieht das Kinn mit. Der Zungenrücken formt bei /a/ eine leichte Delle nach unten.

zentral

Auf horizontaler Ebene ist /a/ zentral: Der Zungenrücken wölbt sich bei /a/ weder nach vorne (Französisch), noch nach hinten (Sächsisch), sondern zieht sich zentral nach unten zusammen.

Geschlossene Vokale: i, u

geschlossen

Geschlossene Vokale haben eine Klangfarbe ähnlich langer, betonter deutscher Vokale: bieten, Mut. /i/ ist im Vergleich zum Deutschen aber weniger geschlossen, /u/ meist weiter oben.

hinten: u

Um bei /u/ den Luftstrom aufrecht­zu­erhalten, zieht der Mund­ring­muskel Mund und Backen gerundet nach vorne. Der Rachen weitet sich wie bei weichem /gu/. Ein stabiler Kanal entsteht.

vorne: i

Die Rundung von Mund und Lippen gilt es beim vorderen Vokal /i/ mit einem breiten Lächeln zu vermeiden. Es kommt sonst zur Umlautfärbung (i > ü), sprich zu fremdsprachlichem Akzent.

Mittlere Vokale: e, o

mittel

Neutrales /e/ liegt etwas oberhalb der Mitte von /a/ und i/, neutrales /o/ analog dazu zwischen /a/ und /u/. Jeder Sprecher hat seine etwas davon abweichende Kalibrierung, die beibehalten wird.

hinten: o

Beim hinteren Vokal /o/ kommt es zur Rundung des Mundes, wenn auch weniger stark nach vorne getragen als bei /u/. Der Luftstrom ist hier nicht so limitiert wie bei geschlossenen Vokalen.

vorne: e

Ein mittelstarkes Lächeln bringt /e/ nach vorne und verhindert Umlaut­färbungen (e > ö). Spanisches /e/ liegt etwas näher an zäh, als an Zeh, klingt aber dennoch nicht oder kaum nach ä.

Artikulation stärken

Jetzt, wo du die Artikulation spanischer Vokale kennst, solltest du wieder das Vokaldreieck hinzu­ziehen und es als Ganzes wiederholt umrunden: a, e, i, u(!), o, a und umgekehrt: a, o, u, i, e, a.

Achte darauf, dass der Zungenrücken bei /a/ eine leichte zentrale Delle nach unten macht, du bei /e/ etwas lächelst, bei /i/ mehr, du bei /u/ einen Tunnel formst und /o/ auf der Höhe von /e/ liegt.

Abweichungen im Alltag

Vokale werden gleich artikuliert. Die Kalibrierung kann aber bei Stimmungs­wechsel z. B. von informativ zu emotional oder Dialekt wechseln und währenddessen stabil anders ausrichtet sein.

Ausnahmen hiervon sind grammatischer (ostandalusischer Dialekt, wo die Öffnung von Vokalen einen verschluckten Konsonanten anzeigt) oder physikalischer Art (sich limitierende Lautfolge).

Halbstufen (halb offen, halb geschlossen), Umlautfärbungen oder eine Schwankung der Klang­farbe aufgrund von Länge, Betonung und Verschmelzung klingen regional- oder fremd­sprach­lich.

Somit kann es z. B. im katalanischsprachigen Osten Spaniens vorkommen, dass Sprecher spanische Vokale anders abstufen, was sich dann als katalanischer Akzent bemerkbar macht.

Vokalverschmelzungen

Diphthonge, Triphthonge

Stehen mehrere Vokale nebeneinander, gleiten schwache Vokale (i, u) von oder zu benachbarten starken Vokalen (a, e, o). h wird in der Aussprache spanischer Wörter ignoriert:

  • euro [ éu̬.ro ] – fallender Diphthong: ein starker und ein schwacher Vokal verschmelzen.
  • hueso [ u̬é.so ] – steigender Diphthong: ein schwacher und ein starker Vokal verschmelzen.
  • Uruguay [ u.ru.ǥu̬ái̬ ] – Triphthon: aus drei Vokalen bestehende Verschmelzung.

Auch bei Vokalverschmelzungen behalten Vokale ihre Klangfarbe bei: [ éu̬.ro ], mit Betonung auf dem starken [ é ], wovon [ u̬ ] schwach in seine Artikulation gleitet, sie aber vollendet.

Gleiches gilt für steigende Diphthonge: [ u̬é.so ] (veraltet [ wé.so ]). Hier gleitet vollendet arti­ku­lier­tes, aber unbetontes [ u̬ ] direkt in das starke [ é ], ohne dass deren Klangfarben verfälschen.

Hiaten

Eine Silbe kann nur einen starken Vokal (a, e, o) beinhalten, mit dem daneben­stehende schwache Vokale (i, u) verschmelzen. Neben­einander­stehende starke Vokale bilden dagegen Hiaten (Klüfte):

  • aéreo [ a.é.re.o ] – Hiaten: starke Vokale verschmelzen nicht miteinander.

Vokale mit Akzent

Trägt ein schwacher Vokal (i, u) einen Akzent, wird er selbst stark und seine Silbe betont:

  • país [ pa.ís ] – Hiaten: schwache Vokale mit Akzent verschmelzen nicht mit starken Vokalen.

Trägt ein starker Vokal (a, e, o) einen Akzent, wird seine Silbe betont. Er ist ohnehin Silbenkern:

  • estáis [ es.tái̬s ] – Diphthong: ein betonter starker Vokal verändert den Diphthong nicht.

Zwei gleiche oder schwache Vokale

Zwei gleiche, nebeneinander­stehende Vokale verschmelzen im allgemeinen Sprachgebrauch:

  • alcohol [ al.kól ] ~ [ al.ko̬ól ] ~ [ al.ko.ól ] – spontan ~ neutral ~ förmlich

Zwei schwache Vokale verschmelzen zugunsten des zweiten Vokals oder gleich stark:

  • ciudad [ θi̬u.đáđ ] ~ [ θiu.đáđ ] ~ [ θi.u.đáđ ] – spontan ~ neutral ~ inkorrekt
  • cuidado [ ku̬i.đá.đo ] ~ [ kui.đá.đo ] ~ [ ku.i.đá.đo ] – spontan ~ neutral ~ inkorrekt

Fazit

Mit diesem Artikel hast du eine umfassende Referenz zum Thema. Spanisch und Deutsch unter­scheiden sich dabei stark. Es sind zwei Systeme, die Vokale anders abstufen und artikulieren.