Spanische Aussprache

Die spanische Aussprache

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Die spanische Aus­sprache ist relativ einfach. Sie lässt sich im Spanischen voll­ständig aus der Schrift ableiten. Bei der Arti­kulation sieht es schon ein bisschen kniffliger aus.

Doch was unterscheidet beide?

Definition

Wir sprechen von Aussprache, wenn es um bedeutungs­unter­scheidende Laute geht:

  • al – sprich /al/ – bedeutet nicht el /el/

Die zwischen Schrägstrichen // stehenden, grob unter­scheid­baren Laute sind Phoneme. Die werden zwar von Buchstaben (a-z, ñ) und Digrafen (ch, gu, ll, qu, rr) vertreten. Doch Schrift und Aussprache gehen manchmal verschiedene Wege.

Artikulation bezieht sich dagegen auf die genaue Ausführung der Phoneme:

  • Der beidlippige Laut /b/ wird im Spanischen nur nach vorherigem Lippen­ver­schluss geschlossen [b] und ansonsten immer durch­lässig [ƀ] artikuliert.

Die in eckigen Klammern [] stehenden Allophone stehen für Artikulationsvarianten.

Die Allophone [b] und [ƀ] werden also als /b/ wahrgenommen. Aber nur die an ihre Umgebung angepasste Artikulation klingt dabei natürlich, sprich akzentfrei.

Phoneme

Viele Phoneme werden im Spanischen und Deutschen in lateinischen Buch­staben notiert: Der Buchstabe a vertritt den Laut /a/, b repräsentiert das Phonem /b/ etc.

Auch v und germanisch klingendes w vertreten /b/. Phoneme stehen also für eine Aus­sprache ohne Details und ortho­grafischen Ballast: boca /bó.ka/, vida /bí.da/, Uwe /ú.be/.

Bei /ch/ muss man raten: ist es der tsch-, ich- oder ach-Laut? Die unterscheiden sich. Deshalb braucht es ein System. Für Phoneme würden aber auch die Schrift­zeichen einer verein­barten Sprache ausreichen:

  • Spanisch – von Überschneidungen befreite spanische Schriftzeichen
  • Deutsch – ähnlich klingende, ebenso unter­scheid­bare deutsche Laute (zzgl. Bemerkungen)
  • IPA – die Lautschrift des Internationalen Phonetischen Alphabets
  • ARFE – das Alphabet der wissen­schaft­lichen Fach­zeit­schrift Revista de Filología Española

Wir verwenden das Alphabet der RFE. Das beruht auf der spanischen Artikulation.

Lautschrift

Im ARFE wird die Betonung durch Akzente /á/ markiert, auch wo es ortho­grafisch nicht nötig wäre. Akzente verändern im Spanischen die Klangfarbe von Vokalen nicht.

Silben trennen wir mit Punkten rein phonetisch. Übrigens: Der Buchstabe h gilt in der spanischen Aus­sprache als „stumm“. h wird phonetisch schlicht ignoriert.

  • en el hotel – orthografisch getrennt: en el ho-tel – gesprochen: /e.ne.lo.tél/

Wie du siehst, fließen Silben im Spanischen bis zur nächsten Pause (z. B. ein Komma) auch über die Wortgrenze hinweg zusammen. Ungewohnt? Dann solltest du auf­merksam Spanisch hören.

Sehen wir uns die Phoneme an, die zwischen Spanisch und Deutsch im Konflikt stehen:

Spanisch ARFE IPA (ähnlich) Deutsch (ähnlich)
/a/ /a/ /a/ /a/
/b/ /b/ /b/ /b/
/ch/ /ĉ/ /ʧ/ /tsch/
/d/ /d/ /d/ /d/
/e/ /e/ /e/ /e/
/f/ /f/ /f/ /f/
/g/ /g/ /g/ /g/
/i/ /i/ /i/ /i/
/j/ /x/ /x/ /ch/ (ach-Laut)
/k/ /k/ /k/ /k/
/l/ /l/ /l/ /l/
/ll/ /l̮/ /ʎ/ /lj/
/m/ /m/ /m/ /m/
/n/ /n/ /n/ /n/
/ñ/ /n̮/ /ɲ/ /nj/
/o/ /o/ /o/ /o/
/p/ /p/ /p/ /p/
/r/ /r/ /ɾ/ /r/ (einfach)
/rr/ /r̄/ /r/ /rr/ (rollend)
/s/ /s/ /s/ /s/
/sh/* /š/** /ʃ/ /sch/
/t/ /t/ /t/ /t/
/u/ /u/ /u/ /u/
/y/ /y/ /ʝ/ /j/
/z/ /θ/ /θ/ engl. /th/
*) fremdsprachlich **) als Allophon regional vorhanden

Alphabet der RFE

Manche der in der Tabelle aufgeführten ARFE-Phoneme haben vom IPA abweichende Zeichen. Sie beziehen sich direkt auf die spanische Aussprache und Artikulation:

  • /ĉ/ – altspanisches c (ts-Laut, deutsches c), jedoch mit nach oben geknicktem Zungenrücken
  • /l̮/ – l, jedoch mit unten anliegender Zungenspitze (das sich umgehend über j-Laut auflöst)
  • /n̮/ – n, jedoch mit unten anliegender Zungenspitze (das sich umgehend über j-Laut auflöst)
  • /r̄/ – anhaltendendes r (ähnlich n, seitlich fest schließen, Zungenspitze lockern, wie „[n]rrré“)
  • /š/ – s (mit unten anliegender Zungenspitze), mit nach unten verrücktem Zungenrücken
  • /y/ – j-Laut, mit nach vorne gekipptem Zungenrücken (wie aus Reibelaut „dj“ resultierend)

Folgende Phoneme stimmen mit dem IPA überein, werden jedoch Spanisch ausgelegt:

  • /x/ – historischer spanischer ach-Laut wie in Méjico México /mé.xi.ko/
  • /θ/ – stimmloser, durch Zahnreihen symbolisierter interdentaler Reibelaut

Auf Ebene der Allophone kommen standard­sprachlich folgende Zeichen hinzu:

  • Die durchlässigen Varianten von /b/, /d/ und /g/ sind [ƀ], [đ] und [ǥ].
  • /i/ und /u/ verschmelzen als gleitendes [i̯] bzw. [u̯] mit Vokalen: Uruguay [u.ru.ǥu̯ái̯].
  • Der ng-Laut [ŋ] (wie IPA) verengt /n/, verschluckt /g/ aber nicht: tengo [téŋ.go].
  • Es gibt grund­sätzlich zwei /s/: eines mit der Zungenspitze unten [s], eines oben [ṡ].

Mit dem ARFE liest sich Spanisch natürlich:

  • niña
    • nj-Laut – /nín.ja/ – Zungenspitze bei beiden /n/ oben, /n.j/ gilt als trennbar
    • /n̮//ní.n̮a/ – Zungenspitze bei /n/ oben, bei /n̮/ unten, /n̮/ ist untrennbar
  • pero, perro
    • IPA – /'pe.ɾo 'pe.ro/ – nicht als bedeutungs­unter­scheidend bedacht
    • ARFE – /pé.ro pé.r̄o/ – konkret

Das macht sich insbesondere in der Artikulation bemerkbar:

  • Hugo es de Sevilla. De Toledo no.
    • IPA – [u.ɣo̞‿e̞s̪ ð̞e̞ s̪e̞.'̞βi.ʎä ‖ d̪e t̪o.'le̞.ð̞o̞ no̞] – nach Spanisch justiert
    • ARFE – [ù.ǥo̯es.đe.se.ƀí.l̮a de.to.lé.đo.nò] – Spanisch

Das ARFE lässt neben dem Hauptakzent [á] einen schwächeren Nebenakzent [à] zu.

Vokale, die kein Silben­kern sind, stellen wir in einer aktua­li­sierten Version des ARFE RAE-ASALE konform, als gleitend [a̯] dar. Eine Aus­sprache wie quiero [kjé.ro] oder hueso [wé.so] gilt als forciert.

Register

Spanisch klingt bekanntlich nicht überall gleich. Es gibt verschiedene Register. Die entstehen durch Anwendung oder Nicht­an­wendung der folgenden Besonderheiten:

  • Seseo – der Zusammenfall von s, c (vor e und i) und z zu /s/
    • Andalusien, Kanaren, Lateinamerika
  • Yeísmo – der Zusammenfall von ll und konsonantischem y zu /y/
    • generalisiert (außer in abgelegenen Regionen des mittleren Spaniens oder der Anden)

Die Artikulation von /s/ unterscheidet sich, vor allem im Seseo, welches von über 90 % der Spanisch­sprecher angewandt wird:

  • [s] – stimmloses andalusisches /s/ (Zungenspitze unten), seseofähig
  • [ṡ] – stimmloses kastilisches /s/ (Zungenspitze oben), mit Punkt markiert

Auch /y/ wird standardsprachlich auf verschiedene Art und Weise ausgesprochen:

  • [y] – stimmhafter Reibelaut /y/, ähnlich j-Laut, jedoch wie aus „dj“ hervorgehend
  • [š] – heute stimmloser sh-Laut Argentiniens und Uruguays

Was bedeutet stimmhaft und stimmlos? Nun, wenn wir bei der Konsonanterzeugung den Kehlkopf berühren und dieser durch die Stimmbänder vibriert, ist ein Laut stimmhaft.

Stellen wir die Aussprache­register gegenüber:

  • cerezas
    • mit Seseo – [se.ré.sas]
    • ohne Seseo (/s/ und /θ/ unterscheidend) – [θe.ré.θaṡ], alternativ auch [θe.ré.θas]
  • ya te llamo
    • mit Yeísmo – [ya.te.yá.mo]
    • mit Sheísmo, dem Yeísmo Argentiniens und Uruguays – [ša.te.šá.mo]
    • ohne Yeísmo (/y/ und /l̮/ unterscheidend) – [ya.te.l̮á.mo]

Da es sich um standardsprachliche Register handelt, sind diese frei wählbar.

Sprachräume

Um natürlicher zu klingen, solltest du dich aber an einem Sprachraum orientieren. An diese sind jedoch immer auch weitere, grammatikalische Besonderheiten geknüpft.

Sprachraum Voseo Ustedeo Seseo /s/ Yeísmo /l̮/
Kastilisches Spanisch
  • Spanien, außer Andalusien und Kanaren
  • Schulspanisch
[ṡ] | [y] | [l̮]
Andalusien | | [s] [y]
Kanaren [s] [y]
Lateinamerikanisches Spanisch
  • soweit nicht nachfolgend aufgeführt
[s] [y]
Zentralamerika
  • Chiapas, im angrenzenden Mexiko
  • ohne Panama
| [s] [y]
Kolumbianisches Binnenland
  • Kolumbien ohne Küstenregionen
  • direkt angrenzende Regionen Venezuelas
| [s] [y]
Anden
  • entlegene Regionen der nördlichen Anden
  • Zentralanden
| [ṡ]
(ähnlich)
[l̮]
Chile
  • zentrales Chile mit Yeísmo
  • Nord- und Südchile ohne Yeísmo
| [s] | [y] | [l̮]
Río-de-la-Plata-Spanisch
  • Argentinien, bis auf Nordwesten und Norden
  • Uruguay
[s] Sheísmo [š]

Voseo ist die Verwendung von vos statt oder der Voseo-Konjugation, z. B. tú tienes vos tenés. Im Río-de-la-Plata-Spanisch ist Voseo Standard, woanders meist Zeichen besonderer Vertrautheit.

Ustedeo ist die Verwendung von ustedes statt vosotros/-as in der informellen Rede. Es kommt traditionell in West­andalusien vor, auf den Kanaren und in Latein­amerika generalisiert.

Aufgrund der heutigen Omni­prä­senz des kasti­lischen Spanisch in Spanien wird in Andalusien neben Seseo alternativ auch unterschieden, /s/ jedoch andalusisch [s] artikuliert.

Yeísmo ist moderner, neutraler Standard. Die Unter­schei­dung zwischen /y/ und /l̮/ gilt als stark rück­läufig und beschränkt sich auf entlegene Regionen des mittleren Spaniens und der Anden.

Beim mit der Zungenspitze nach oben artikulierten [ṡ] der Anden vermischen sich kastilisches Spanisch und indigene Einflüsse. Reines kastilisches [ṡ] klingt im Seseo dagegen forciert.

Sprachvarietäten

Wenn wir vom Andalusischen als Einfluss sprechen, ist das städtische West­anda­lusisch gemeint. Das gelang von Sevilla mit der Ent­deckung Amerikas auf die Kanaren und über den Atlantik.

Hier kreuzen sich verschiedenste Begriffe, die wir kurz gegen­über­stellen:

  • Kastilisch als Sprache ist ein Synonym für Spanisch, dagegen:
  • kastilisches Spanisch bedeutet Nords­panisch – linguis­tisch: septem­trionales Spanisch
  • Andalusisch beeinflusstes Spanisch ist Süd­spanisch – linguis­tisch: meridio­nales Spanisch

Der Begriff meridional kann sich dabei auf die Süd­hälfte Spaniens beziehen, die in Anda­lu­sien ihren linguis­ti­schen Schwer­punkt hat, aber bis Zentral­spanien hinein das Spanische beeinflusste.

Oder auf südländisches Spanisch: anda­lu­sisch und kanarisch geprägtes Spanisch, welches das latein­amerika­nische Spanisch beein­flusst hat. Doch nicht überall gleich stark.

Deshalb unterteilen wir pan­hispanisch wie folgt:

  • kastilisches Spanisch – Spanien, bis auf andalusische Dialekte und das Kanarische
  • neutrales Spanisch / Hochlandspanisch – latein­amerika­nisches Spanisch (mit Seseo, Ustedeo) mit kastilischem Einfluss: ins­be­sondere Mexiko, zentral­amerika­nisches Hochland und Anden
  • meridionales Spanisch – andalusische Dialekte und kanarisches Spanisch
  • atlantisches Spanisch / Tieflandspanisch – andalusisches und kanarisch Spanisch und davon stark beeinlusstes karibisches, äquatoriales, paraguayisches und bedingt chilenisches Spanisch

Kastilisch beeinflusst

Kastilisches Spanisch ist der Standard in Spanien. Neutrales Spanisch ist ein künstlicher Standard in Lateinamerika. Er steht für die weitverbreiteten Formen: Seseo, Yeísmo, Ustedeo, aber kein Voseo.

Voseo ist dort – mit Ausnahme von Costa Rica – einem vertrauten Gebrauch vorbehalten. Fett­näpfchen­gefahr, denn es kann als anmaßend aufgefasst werden und gilt deshalb nicht als Standard.

Neutral (in Spanien ohne, in Lateinamerika mit Seseo) – so klingt Wirtschaftsspanisch oder das Spanisch der meisten Youtuber und Influencer. Alle, die ein Millionen­publikum erreichen wollen.

Andalusisch beeinflusst

Was Musik anbetrifft sieht es gegenteilig aus: andalu­sisch beein­flusstes Spanisch ist melodiöser, sinn­licher, umgangs­sprachlicher. Dort zählt der Lokal­chlorit, das Authentische.

In manchen Stil­arten kaum wegzudenken. Dann passen sich auch Künstler aus kastilisch beein­flussten Regionen an und nutzen die süd­ländische Kon­sonant­schwächung.

Die erkennt man insbesondere am Verschlucken der End­konso­nanten oder End­silben: pa'lante (para adelante), vamo' (vamos), pa'ca (para acá), despechá (despechada) oder pegao (pegado).

Westspanisch und neapolitanisch beeinflusst

Davon losgelöst steht das Río-de-la-Plata-Spanisch. Dort ließen sich im heißen Norden zunächst Andalusier und am Río de la Plata Kanaren nieder. Der Südkegel Südamerikas war kaum besiedelt.

Dann kam es im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer massiven Immigration aus Galicien, Asturien und dem italienischen Neapel, aber auch aus Zentral- und Osteuropa.

Prägend waren die Metropolen Buenos Aires und Montevideo, was zu einer zwischen kanarisch, nord­west­spanisch und italienisch an­mu­ten­den Aussprache führte.

  • Río-de-la-Plata-Spanisch – Argentinien (ohne Norden), Uruguay

Die typischsten Merkmale sind der Sheísmo, das vor Konsonanten gehauchte s und das standard­sprachlich (ohne Fett­näpfchen) verwendete Voseo: tú eres vos sos, ableitbar aus vosotros sois.

Indigen und afrikanisch beeinflusst

Kolumbus nahm den Weg von Andalusien über die Kanaren nach Amerika und entdeckte zunächst den Karibik­raum und das Tiefland, während die kastilische Krone das Hochland beein­flusste.

Das bedeutet aber nicht, dass man in Mexiko wie in Kastilien spricht oder in der Karibik wie in Andalusien. Es ist in vielen Punkten ähnlich, aber die regionalen Einflüsse sind ebenso stark.

Spanisch spiegelt also auch immer die Kultur einer Region wider. Spanisch ist aber auf der anderen Seite auch die Sprache, welche die pan­hispanischen Kulturen erst vereint.

Orthografie

Schrift folgt der Aussprache, hat aber eigene Regeln. Den 32 spanischen Buchstaben (a-z, ñ) und Digrafen (ch, gu, ll, qu, rr) stehen je nach Register zwischen 22 und 24 Phonemen gegenüber.

Der hohe Bedarf an Schrift­zeichen entsteht durch ortho­grafische Ausnahmen von c und g vor e und i und damit ver­bundenen An­pas­sungen oder aufgrund der Wortherkunft.

  • h stand für das lateinische Anfangs-f (fazer hacer), dessen Laut verschwand.
  • k (kilo) und z in ze und zi (zeta) kommen nur in fremdsprachlichen Kultismen vor.
  • q (quark) – außer in que oder qui – und w (Wagner) sind fremdsprachlich.
  • Historisches x wandelte sich zu /x/, was j re­prä­sen­tiert. x ist in Kultismen /k.s/.

Im Spanischen werden Schrift und Aus­sprache grammati­kalisch für sich betrachtet.

  • h hat kein Phonem: hola /ó.la/.
  • x vertritt die trennbare Lautfolge /k.s/: orthografisch ta-xi, phonetisch /ták.si/.
  • Auch Akzente können bedeutungs­unter­scheidend sein: él /el/ ist nicht el /el/.

Das hat Auswirkungen auf den Begriff Graphem ⟨a⟩, der im Deutschen als Ober­begriff von Buch­staben, Digrafen etc. gilt, im Spanischen aber für die kleinste grafische Einheit (Buchstabe) steht.

Wir schreiben aufgrund der unter­schied­lichen Auslegung Buch­staben und Digrafen als Symbol „a“ und verzichten auf den Begriff und die Schreibweise Graphem „⟨a⟩“.

Betonung

Der Wortakzent leitet sich im Spanische aus der standard­sprachlichen Aussprache ab und kann leicht zurück­verfolgt werden:

  • Wörter, die einen Akzent tragen, werden auf der akzentuierten Silbe betont.
  • Wörter, die auf Vokal, n oder s enden werden auf der vorletzten Silbe betont. s kenn­zeichnet allgemein den Plural (mesa, mesas), n den Plural vieler Kon­juga­tionen (come, comen).
  • Alle anderen Wörter werden auf der letzten Silbe betont. Mit einer Ausnahme:
  • Aus Adjektiv + mente geformte Adverbien übernehmen den Akzent des Adjektivs als Nebenakzent [à] und haben auf dem als betont geltenden mente den Hauptakzent [á]:
    • simplemente: simple + mente[sìm.ple.mén.te]
    • rápidamente: rápido rápida + mente[r̄à.pi.đa.mén.te]

Sie haben also zwei Akzente. Damit leiten wir zum Satzakzent über.

Im Spanischen werden Sätze bzw. zwischen Zeichen stehende Satz­teile als ein Wort aus­ge­sprochen. Für die Satz­betonung ist jedoch das letzte betonte Wort des Satzteils aus­schlag­gebend.

Simplifiziert gesagt gelten u. a. Substan­tive, Adjek­tive, Verben, Personal­pronomen, betonte Pos­sessiv­pronomen und auf mente endende Adverbien als betont.

Je nach subjektivem Sinn der Aussage, weicht die Betonung des Satzes dann ab:

  • Hugo no es de Toledo (Substantiv).
    • [ù.ǥo.no̯es.đe.to.lé.đo] – neutral, sachlich
    • [ú.ǥo.no̯es.đe.to.lè.đo] – Hugo hat damit nichts zu tun
    • [u.ǥo.no̯és.đe.to.lè.đo] – Hugo gehört nicht dazu
    • [u.ǥo.nó.es.đe.to.lè.đo] – energischer Widerspruch

Wie wir sehen, bleibt dabei aber ein Akzent auf dem letzten betonten Wort erhalten.

Artikulation

Die Artikulation haben wir mit der Beschrei­bung der Sonder­zeichen der ARFE kennen­gelernt. Aller­dings unter­scheiden sich viele in lateinischen Buchstaben ge­schrie­bene Phoneme vom Deutschen.

Meist genügt ein kurzer Hinweis, wie „dental“ und du weißt, dass spanisches /d/ oder /t/ nicht am Zahndamm, sondern mit der Zungen­spitze an den oberen Schneide­zähnen gebildet werden.

Bei Vokalen verhält sich das komplexer. Die verschmelzen. Deshalb – der Vollständigkeit halber – die nach­folgenden Regeln, auf die wir im Aussprache-Alphabet teilweise Bezug nehmen:

  • Im kastilischen Spanisch werden Silben in der Regel gleich lang ausgesprochen. Andalu­si­sches, kanarisches und Teile des lateinamerikanischen Spanischs klingt dagegen dynamischer.
  • Vokale behalten ihre reine Klangfarbe bei. Auch bei Betonung [ú], mit Trema [ü] (erzwingt den Laut /u/) oder in Vokal­verschmelzungen [u̯] (Diphthonge, Triphthonge etc.). Abweichungen hiervon gelten als Akzent (katalanisch, deutsch) oder haben andere Gründe (ost­anda­lusischer Dialekt, bei dem durch Öffnung von Vokalen der Wegfall des Folge­konsonanten angezeigt wird).
  • Die geschlossenen Vokale i und u gelten als schwach und unbetont. Sie verschmelzen mit nebenstehenden Vokalen, d. h. sie gleiten von oder zu starken Vokalen der gleichen Silbe, solange sie keinen Akzent tragen, der sie betont. Allein­stehend oder mit Akzent sind sie stark.
  • Die starken Vokale a (offen), e und o (beide mittig) bilden den Silbenkern. Stehen sie neben schwachen Vokalen, sind starke Vokale Kern der Verschmelzung.
  • Zwei neben­einander stehende starke Vokale nennt man Hiaten. Sie bilden eigene Silben, fallen aber zusammen, wenn es sich um den gleichen Vokal handelt und das Wort erkennbar bleibt.
  • Zwei neben­einander stehende schwache Vokale verschmelzen. Bilden sie alleine den Silben­kern, teilen sie sich Länge und Betonung zu etwa gleichen Teilen.
  • Starke Vokale können wort­über­greifend auch schwach ver­schmelzen. Es kommt dann auf den Satzakzent an. Über die Wortgrenze hinweg sind schwache Vokale Silbenkern, wenn sie inner­halb des betonten Wortes bereits Silben­kern sind und nun wort­über­greifend verschmelzen.
  • Ein h zwischen Vokalen hat hierauf keiner­lei Ein­fluss. h wird bekannt­lich ignoriert.

Das ist viel Stoff, der in der Praxis nach und nach verarbeitet werden muss. Lies mehr über spanische Vokale, deren Grundlagen, Orthografie, Artikulation und Vokal­ver­schmelzungen.

Aussprache-Alphabet

Wenn wir die Artikulation ergänzen, gelangen wir zu folgender Übersicht. Generell gilt: Andalusisch beein­flusstes Spanisch ist vokal­betonter, im kastilischen Spanisch klingen Konsonanten härter.

Schrift Phonem Allophon Vorkommen Beispiel

a

/a/
offener Vokal, zentral (wie im Deutschen)
[a]
normal
Silbenkern país [pa.ís]
[a̯]
gleitend
nicht Silbenkern (nur wortübergreifend) ha ido /a̯í.đo/

b

/b/
beidlippiger Ver­schluss­laut, stimmhaft
[b]
geschlossen
Satzbeginn, nach Pause, nach [m] boca [bó.ka]
[ƀ]
durchlässig
ohne vorherigen Verschluss la boca [la.ƀó.ka]

c

/s/
klarer Zischlaut, stimmlos
[s]
Zungenspitze unten
vor e und i – mit Seseo cena [sé.na]
/θ/
interdentaler Reibe­laut, stimmlos
[θ]
sanft, etwas herausragende Zungenspitze
vor e und i – ohne Seseo cena [θé.na]
/k/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmlos (wie im Deutschen)
[k]
nicht vor e und i caro [ká.ro]

ch

/ĉ/
altspanisches c (ts-Laut), jedoch als diffuser Zischlaut, stimmlos
[ĉ]
nach oben geknickter Zungenrücken
chico [ĉí.ko]

d

/d/
dentaler Verschlusslaut, stimmhaft
[d]
geschlossen
Satzbeginn, nach Pause, nach l oder n andar [an.dár]
[đ]
durchlässig
ohne vorherigen Verschluss, l oder n idea [i.đé.a]

e

/e/
mittiger Vokal (zwischen dt. Bett und Beet), vorne (Lippen ungerundet)
[e]
normal
Silbenkern reina [r̄éi̯.na]
[e̯]
gleitend
nicht Silbenkern (nur wortübergreifend) he ido [e̯í.đo]

f

/f/
Lippenzahnlaut, stimmlos (wie im Deutschen)
[f] fruta [frú.ta]

g

/x/
Hintergaumen­reibelaut, stimmlos
[x]
(ach-Laut)
vor e und i, dabei in Lateinamerika jedoch nicht am Wort­anfang girar [xi.rár]
[x́]
palatalisiert (ich-Laut)
Latein­amerika: am Wortanfang vor e und i girar [x́i.rár]
/g/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmhaft
[g]
geschlossen
Satzbeginn, nach Pause, nach n, jedoch nicht vor e und i gato [gá.to]
[ǥ]
durchlässig
nach Vokal oder n, jedoch nicht vor e und i el gato [el.ǥá.to]

gu

/g/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmhaft
[g]
geschlossen
wenn /g/ vor e und i erklingen soll guitarra [gí.tá.r̄a]

gü*

/gu/ [gu̯] wenn /gu/ vor e und i erklingen soll pingüino [piŋ.gu̯í.no]

h

- - hola [ó.la]

i

/i/
geschlossener Vokal (wie dt. Biene, nicht binnen), vorne (Lippen ungerundet)
[i]
normal
Silbenkern (ohne weitere Vokale) ida [í.đa]
[i̯]
gleitend
nicht Silbenkern (neben starken Vokalen) pie [pi̯é]

j

/x/
Hintergaumen­reibelaut, stimmlos
[x]
(ach-Laut)
Spanien: generell; Latein­amerika: nicht nach e oder i, nicht am Wortanfang vor e oder i ajo [á.xo]
[x́]
palatalisiert (ich-Laut)
Latein­amerika: nach e oder i, am Wortanfang vor e oder i jefe [x́é.fe]

k

/k/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmlos (wie im Deutschen)
[k] kilo [kí.lo]

l

/l/
Seitenlaut, stimmhaft (wie im Deutschen)
[l] lado [lá.do]

ll

/y/
konsonantischer Reibelaut, stimmhaft
[y] mit Yeísmo ella [é.ya]
/l̮/
mit konsonantischem Reibelaut verschmolzener Seitenlaut, stimmhaft
[l] ohne Yeísmo ella [é.l̮a]

m

/m/
nasaler Lippenverschlusslaut, stimmhaft (wie im Deutschen)
[m] mano [má.no]

n

/n/
offener Nasallaut, stimmhaft (wie im Deutschen)
[n] außer vor b und g nada [ná.đa]
[m] vor b un vino [um.bí.no]
[ŋ] vor g tengo [téŋ.go]

ñ

/n̮/
offener Nasallaut, der mit konsonan­tischem Reibelaut verschmilzt, stimmhaft
[n̮] niña [nin̮a]

o

/o/
mittiger Vokal (zwischen dt. offen und Ofen), hinten (Lippen gerundet)
[o]
normal
Silbenkern oeste [o.és.te]
[o̯]
gleitend
nicht Silbenkern (nur wortübergreifend) o este [o̯és.te]

p

/p/ plosiver Lippen­ver­schlusslaut, stimmlos (wie im Deutschen) [p] pato [pá.to]

q

/k/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmlos (wie im Deutschen)
[k] fremdsprachlich, solange nicht als que oder qui vorkommend quark [kuárk]

qu

/k/
Hintergaumen­verschlusslaut, stimmlos (wie im Deutschen)
[k] vor e und i queso [ké.so]

r

/r/
einfaches Zungenspitzen-r
[r] zwischen Vokalen, nach Konsonanten, die nicht l, n oder s sind, am Wortende (neutral) pero [pé.ro]
/r̄/
vibrierendes Zungenspitzen-r
[r̄] am Wortanfang, nach den Konsonanten l, n und s, am Wortende (stark betonend) rojo [r̄ó.xo]

rr

/r̄/
vibrierendes Zungenspitzen-r
[r̄] perro [pé.r̄o]

s

/s/
klarer Zischlaut, stimmlos
[s]
Zungenspitze unten
andalusisches s, seseofähig sala [sá.la]
[ṡ]
Zungenspitze oben
kastilisches s sala [ṡá.la]

t

/t/
plosiver dentaler Verschlusslaut, stimmlos
[t] todo [tó.đo]

u

/u/
geschlossener Vokal (wie dt. Mut, nicht Mutter), hinten (Lippen gerundet)
[u]
normal
Silbenkern (ohne weitere Vokale) uva [ú.ƀa]
[u̯]
gleitend
nicht Silbenkern (neben starken Vokalen) euro [éu̯.ro]

v

/b/
beidlippiger Ver­schluss­laut, stimmhaft
[b]
geschlossen
Satzbeginn, nach Pause, nach [m] vida [bí.đa]
[ƀ]
durchlässig
ohne vorherigen Verschluss la vida [la.ƀí.đa]

w

westgotisch, germanisch oder deutsch klingend:
/b/
beidlippiger Ver­schluss­laut, stimmhaft
[b]
geschlossen
Satzbeginn, nach Pause, nach [m] Wamba [bámba]
[ƀ]
durchlässig
ohne vorherigen Verschluss rey Wamba [r̄ei̯.ƀámba]
englisch klingend:
/u/
geschlossener Vokal (wie dt. Mut, nicht Mutter), hinten (Lippen gerundet)
[u̯]
gleitend
nicht Silbenkern (schwacher Vokal) wifi [u̯í.fi]

x

/k.s/ [k.s, k.ṡ], oft weicher [g.s, g.ṡ] außer am Wortanfang, in Spanien umgangs­sprach­lich meist nur in zwei­silbigen Wörtern taxi [ták.si]
/s/
klarer Zischlaut, stimmlos
[s, ṡ] am Wortanfang immer, in Spanien umgangs­sprach­lich gene­rali­siert, außer in zwei­silbigen Wörtern [tá.si] xilófono [si.ló.fo.no]
/x/
Hintergaumen­reibelaut, stimmlos
[x]
(ach-Laut)
historisch – Spanien: generell; Latein­amerika: nicht nach e oder i, nicht am Wortanfang vor e oder i México [mé.xi.ko]
[x́]
palatalisiert (ich-Laut)
historisch – Latein­amerika: nach e oder i, am Wortanfang vor e oder i México [mé.x́i.ko]

y

/i/
geschlossen (wie dt. Biene, nicht binnen), vorne (Lippen ungerundet)
[i]
normal
alleinstehend oder zwischen Wörtern, wenn zwischen Vokalen oder Konsonanten Ana y Alba [à.na.i.ál.ba]
[i̯]
gleitend
nach Vokal am Wortende oder zwischen Wörtern, wenn zwischen Vokal und Konsonant oder umgekehrt stehend Ana y tú [a.nai̯.tú]
/y/
konsonantischer Reibelaut, stimmhaft
[y] wenn nicht alleinstehend und nicht nach Vokal am Wortende reyes [ré.yes]

z

/s/
klarer Zischlaut, stimmlos
[s]
Zungenspitze unten
mit Seseo zapo [sá.po]
/θ/
interdentaler Reibe­laut, stimmlos
[θ]
sanft, etwas herausragende Zungenspitze
ohne Seseo zapo [θá.po]
*) kein Digraf, da buchstäblich gesprochen

Tipps

Abschließend ein paar praktische Tipps:

  • Spanisch kennt keine Umlaute. Schon leichte Umlaut­ver­färbungen machen die Aussprache für Spanisch­sprecher diffus. Spreche die vorderen Vokale e und i also mit einem breiten Lächeln. So vermeidest du eine ungewollte Lippen­rundung, die nach ö oder ü klingt.
  • Spanisches e ist mittig, liegt zwischen halb offenem ä und halb geschlossenem e. Halb geschlossenes e liegt phonologisch näher bei i: Peter /pé.ter/ ~ /pí.ter/.
  • Auch spanisches o ist mittig. Hier ist der Unterschied jedoch nicht ganz so ent­schei­dend. Aller­dings klingt nur das zwischen offen und Ofen liegende, mittige o als rein und akzentfrei.
  • b, v und germanisch­stämmiges w werden im Spanischen immer beidlippig /b/ und nicht mit Lippen­zahn­lauten (f, dt. v und w) gebildet. Bilde [ƀ] beid­lippig wie [b], aber durchlässig wie [v]: la vida [la.ƀí.đa]. b oder v nach w klingen zu lassen, klingt nach Akzent [la.ví.đa] (valen­cia­nisch, deutsch), nach f [la.fí.đa] dagegen nicht nur fremd­sprachlich, sondern kaum ver­ständlich.
  • Das Zungenspitzen-r wird in etwa wie ein n erzeugt, seitlich schließend. Die Zungen­spitze bleibt aber passiv und berührt statt des Zahn­damms den durch Ver­engung kom­pri­mierten Luft­strom.
  • Beim einfachen /r/ befindet sich die Zungenspitze leicht unterhalb des Zahn­damms, beim vi­brie­rendem /r̄/ liegt sie leicht oberhalb am Luftstrom an und pendelt ohne Zutun.
  • Spreche Spanisch dabei immer gut hörbar. Auch beim Üben. Die Stimme muss fließen.

Das beste Rezept ist es, Spanischsprechern zuzuhören und deren Artikulation zu imitieren. Dabei merkst du intuitiv, wo deine Artikulation noch angepasst werden muss.

Fazit

Dir liegt nun ein Manual der spanischen Aus­sprache vor, das Spanisch nicht als fremd versteht. Es zeigt viel von dem, was oft nur Mutter­sprach­lern vor­be­halten bleibt.

Dabei haben wir wichtige, sich mit der Aus­sprache über­lappende Themen mit­ein­bezogen, die in weiteren Artikeln noch standes­gemäß behandeln werden.